Weihnachtstraditionen –
Unterschiede im Norden und Süden Deutschlands in der Adventszeit
Weihnachten in Deutschland unterscheidet sich von Region zu Region. Oftmals sind es nur Kleinigkeiten, die sich lediglich an der Sprache festmachen. Die etwas größeren Unterschiede beruhen auf den verschiedenen Traditionen der katholischen und der evangelischen Kirche. Insgesamt gibt es in Deutschland sehr viel mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede in den Weihnachtstraditionen. Dennoch ist ein Blick auf den Norden und Süden Deutschlands interessant, denn jegliche Traditionen und Bräuche sind ein Ausdruck unserer gemeinsamen Kultur.
Deutschland ist konfessionell gesehen dreigeteilt. Im Süden und Westen ist die Mehrheit der Bewohner katholisch. In der Mitte und im Norden Deutschlands sind sie evangelisch und im Osten gehören die Menschen mehrheitlich keiner Kirche an. Das ist der Grund, weshalb sich die Traditionen an den kirchlichen Feiertagen in den verschiedenen Bundesländern unterscheiden.
Was wird geschmückt? Der Christbaum oder der Weihnachtsbaum?
Im Norden ist vom Weihnachtsbaum die Rede. Im Süden gibt es dagegen den Christbaum. Unabhängig von den Bezeichnungen sind sowohl im Norden wie auch im Süden die Nordmanntanne und die Blaufichte der Deutschen liebster Baum zu Weihnachten.
Der geschmückte Tannenbaum zu Weihnachten gilt als typisch deutsch und geht in seiner modernen Ausprägung auf Martin Luther zurück. Eine erste literarische Erwähnung findet der Baum bei Johann Wolfgang von Goethe 1774 in seinem Werk „Die Leiden des jungen Werthers“. Es dauerte eine lange Zeit, aber bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war der Brauch zu Weihnachten einen Baum ins Wohnzimmer zu stellen auch in die katholischen Regionen im Westen und Süden Deutschlands vorgedrungen.
Während ein Tannenbaum zu Zeiten von Goethe für die meisten Menschen unerschwinglich war, ist heutzutage ein Weihnachten ohne einen geschmückten Nadelbaum im Wohnzimmer kaum denkbar. Ob Blaufichte oder Nordmanntanne, eine ist so schön wie die andere. Geschmückt und beleuchtet gibt es kaum ein klassischeres Symbol für die Weihnachtszeit in Deutschland.
• Süddeutschland: Christbaum
• Norddeutschland: Weihnachtsbaum
Wo wurde der Adventskalender erfunden?
Vier Sonntage vor dem 24. Dezember beginnt die Adventszeit. Überall im Land öffnen die Weihnachtsmärkte und die Kinder freuen sich darauf, vom 1. Dezember an täglich ein Türchen an ihrem Adventskalender aufzumachen. Die Idee des Adventskalenders bzw. des Abzählens der Tage bis Heiligabend geht auf eine lutherische, also evangelische Sitte in Deutschland zurück. Sie verbreitete sich vom Norden über das Rheinland in den Süden.
Selbstgebastelte Kalender gab es seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Thomas Mann erwähnt einen Abreißkalender in der Adventszeit im Jahr 1869 in seinem Roman „Buddenbrooks“. 1902 wurden die ersten Adventskalender von einer evangelischen Buchhandlung in Hamburg gedruckt. Die heute bekannten Adventskalender mit den 24 Türchen gibt es seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
• Adventskalender: Verbreitung von Norden nach Süden
Wer bringt die Geschenke? Das Christkind oder der Weihnachtsmann?
Im Süden und Westen Deutschlands ist das Christkind unterwegs, um die Kinder mit Geschenken zu beglücken. In der Mitte, im Osten und im Norden Deutschlands ist es der Weihnachtsmann. Es war Martin Luther, der den katholischen Heiligen „Nikolaus“ durch das Christkind ersetzte. Es handelt sich beim Christkind also um eine ursprünglich evangelische Tradition.
Im Laufe der Zeit wurde das Christkind im Norden und in der Mitte Deutschlands vom Weihnachtsmann und der Nikolaus im Süden und Westen vom Christkind verdrängt. Heute ist das Christkind vor allem in den katholischen und der Weihnachtsmann in den evangelischen Gebieten vertreten.
• Süddeutschland: Christkind
• Norddeutschland: Weihnachtsmann
Weihnachtskrippe in der Kirche und daheim
Die Weihnachtskrippe galt in der katholischen Kirche lange Zeit als das größte Symbol der Weihnachtszeit. Schon 1607 wurde in München eine Weihnachtskrippe aufgestellt. Die Krippe stand im Mittelpunkt des katholischen Weihnachtsfestes, bis sie im 19. Jahrhundert vom Tannenbaum abgelöst wurde. Im 20. Jahrhundert verbreitete sich die Hauskrippe, bis dahin wurden die Weihnachtskrippen hauptsächlich in Kirchen und in öffentlichen Gebäuden aufgestellt.
Erst als ab Mitte des 19. Jahrhunderts die Krippenfiguren seriell und damit relativ preiswert hergestellt wurden, verbreitete sich die Tradition um die Weihnachtskrippe in ganz Deutschland, auch im evangelischen Norden. Typischerweise wird sie noch heute unter dem festlich geschmückten Baum aufgestellt.
• Weihnachtskrippen: Verbreitung von Süden nach Norden
Christmette oder Christvesper?
Der Kirchgang an Heiligabend ist der zentrale Bestandteil des Weihnachtsfestes. Im evangelischen Norden gehen die Gläubigen zur Christvesper, die an Heiligabend in der Regel zwischen 16 und 18 Uhr stattfindet. Ihr geht häufig ein Krippenspiel voraus. Mittelpunkt der Predigt ist die Weihnachtsgeschichte von der Geburt Jesus Christus. Im katholischen Süden gehen die Menschen in die Christmette. Während dieser heiligen Messe wird die Geburt Jesus gefeiert. Sie beginnt um Mitternacht vom 24. auf den 25. Dezember.
• Süddeutschland: Christmette
• Norddeutschland: Christvesper
Was uns alle eint
Trotz der verschiedenen Traditionen an Weihnachten im evangelisch geprägten Norden und im katholisch geprägten Süden gibt es mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Allen gemeinsam ist heutzutage beispielsweise der Wunsch, die Weihnachtszeit entspannt zu genießen. Das Weihnachtsfest soll mit der gesamten Familie gefeiert werden. Heiligabend darf nach Lust und Laune individuell gestaltet werden. Die einen essen Weihnachtskarpfen, die anderen Gänsebraten und wieder andere genießen ein veganes Weihnachtsessen. In den einen Familien werden Weihnachtslieder gesungen, in den anderen werden Märchenfilme angeschaut. Und was die Lieblings-Weihnachtsbäume der Deutschen betrifft: Alle lieben die Blaufichte und die Nordmanntanne. Beide Baumarten können heute als Weihnachtsbaum-Klassiker bezeichnet werden.